Von der Uni in die Industrie
Wie funktioniert Forschungstransfer? Am 30. Juni 2020 ergründete Sebastian Gemkow, Sächsischer Staatsminister für Wissenschaft, im „Start up“-Gründerzentrum der Technologie Centrum Chemnitz GmbH im Umfeld der in Chemnitz ausgetragenen Kabinettssitzung genau diese Frage: „Für mich ist es wichtig, den Prozess nachzuvollziehen, wie aus Forschungsergebnissen industrielle Anwendungen werden“, erläuterte der Minister: „Die Spezifitäten der einzelnen sächsischen Universitäten spiegeln sich auch im Gründergeschehen unserer Großstädte wieder, so liegt hier in Chemnitz ein Schwerpunkt beim Thema Maschinenbau. Der Besuch im TCC vervollständigt für mich das Bild eines Landes mit klugen Köpfen, die hier in Zukunft Wertschöpfung schaffen und so sie Zukunftsfähigkeit des Freistaates sichern.“
"Die Ausgründung von Unternehmen aus der Universität heraus ist eine der wichtigen Säulen in punkto Forschungstransfer", erklärte Jens Weber, Geschäftsführer der TCC GmbH: "Gründerzentren wie das TCC können dabei eine wichtige Rolle spielen, weil sie mit einer flexiblen Mietinfrastruktur, einem hohen technischen Ausstattungsgrad der Gebäude und einem Fokus auf persönliche Betreuung der Gründer bei den Themen Festigung, Wachstum und Vernetzung entscheidende Vorteile gegenüber 'normalen' Gewerbeflächen bieten", so Weber gegenüber dem Minister.
Wie der Weg vom Forschungsergebnis in eine wirtschaftliche Unternehmung gelingen kann, erfuhr der Minister unter anderem von Angela Grimmer, Kaufmännischer Leiterin der LiGenium GmbH. Das Unternehmen beschäftigt sich mit dem Einsatz von Holzverbundstoffen unter anderem in Logistikbereichen und im Maschinenbau. Entstanden war die Idee dazu an der Professur Förder- und Materialflusstechnik der TU Chemnitz, wurde dann durch das Hochschul-Gründernetzwerk SAXEED auf dem Weg der Geschäftsmodellentwicklung begleitet und über einen EXIST-Forschungstransfer gefördert. Inzwischen ist ein Unternehmen gegründet, das in den vergangenen Monaten eine Reihe namhafter Kunden vor allem aus der Automobilbranche für erste gemeinsame Projekte gewinnen konnte.
In die Kundengewinnung einsteigen will auch die Novajet GmbH, die einen ähnlichen Weg beschreitet. Geschäftsführer Markus Dittrich erläuterte dem Minister die „neue Dimension des Wasserstrahlschneidens“, einer Technologie, die an der TU Chemnitz entwickelt und nun in eigenen Maschinen von Novajet zur Anwendung gebracht wird. Der Markteintritt war im Frühjahr 2020 geplant: „Da hätten wir uns einen günstigeren Zeitpunkt aussuchen können“, so Dittrich – durch die pandemiebedingten Einschränkungen waren Messeauftritte beispielsweise nicht möglich. Novajet behalf sich mit einer 3D-Visualisierung der eigenen Pilotmaschine: „Denn in unserer Branche gilt: Was man nicht sieht, glaubt man auch nicht.“
Die ID: Industrial Dynamics GmbH hingegen steckt schon in einer Reihe von Industrieprojekten. Dabei geht es vor allem um die Automatisierung der heimischen Industrie, auch schon ab Losgröße 1: „Man muss Maschinen so ausstatten, dass man teure Systeme immer wieder verwenden kann“, erklärte Geschäftsführer Björn Schüller. ID verknüpfe dabei Maschinenbau und Softwarelösungen und arbeite speziell bei Robotik-Themen häufig mit der TU Chemnitz zusammen – auch ein Weg, wie wissenschaftliche Expertise in Wirtschaftskreisläufe einfließen kann.
Wie solche Prozesse des Forschungstransfers gefördert werden können, besichtigte Wissenschaftsminister Gemkow abschließend im TUClab, das die TU Chemnitz im „Start up“-Gründerzentrum eingerichtet hat: Hier können die Preisträger des gleichnamigen TUClab-Wettbewerbs an ihren Ideen arbeiten, wie Projektleiter Joseph Heß dem Minister erläuterte. Der zog am Ende seines Besuchs ein positives Fazit: „Wir müssen genau solche Modelle unterstützen, die dazu führen, dass kluge Ideen auch zu Produkten führen.“ Den vorgestellten Start-ups versicherte er, dass er ihre Themen im Hinterkopf behält: „Da wird es bestimmt die eine oder andere Verknüpfung geben, wenn ich mir die Fähigkeiten hier zur Werkstoffbearbeitung ansehe und zum Beispiel an die Dresdener Fähigkeiten bei der Werkstoffentwicklung denke.“ Für TCC-Geschäftsführer Jens Weber war es wichtig, auf die Besonderheiten der regionalen Start-ups hinzuweisen: "Wir haben selten VC-getriebene Gründungen in unserem Haus - leider profitieren unsere Unternehmen deshalb auch nicht so stark von den Hilfsprogrammen, die Bund und Land im Zuge der Corona-Krise bereitgestellt haben." Ansätze wie die Förderung von Pilotprojekten oder Produktentwicklungen seien hier wünschenswert.