Unter Strom
Neue Zeiten verlangen neue technische Lösungen. Die Energiewende – weg von fossilem, hin zu grünem Strom – oder die Verkehrswende – weg vom Verbrenner, hin zum CO2-freien Motor – werden nur möglich sein, wenn es in vorhandenen Technologien auch Effizienzsprünge gibt. Junge Unternehmen aus dem Technologie Centrum Chemnitz können dazu beitragen – so wie die chemnitz power labs GmbH, die im „Start up“-Gebäude ihre Basis gefunden hat.
Wer an Mikro-Chips denkt, hat wahrscheinlich zunächst einmal solche im Sinn, die Daten speichern oder die Grafikausgabe eines Computers steuern. Das sind die Arten von Chips, von deren Vorhandensein oder Mangel man als gewöhnlicher Endkunde am ehesten etwas mitbekommt. Natürlich weiß man, dass die Chipwelt wesentlich breiter ist – wichtige Komponenten sind etwa auch die, die die elektrische Energie einer Energiequelle so umwandeln, dass die Energieverbraucher etwas damit anfangen können: die sogenannte Leistungselektronik. „Ob bei der Umwandlung vom Steckdosenstrom für den Handy-Akku, von der E-Fahrzeug-Batterie zum Elektromotor oder vom Windradgenerator hinein in die Hoch- oder Niederspannungsleitungen: Immer ist Leistungselektronik dazwischengeschaltet, die Stromstärken und -spannungen wandelt und steuert“, weiß Dr.-Ing. Christian Herold.
Herold bildet gemeinsam mit Prof. Dr. Thomas Basler und Diplom-Ingenieur Javier Arigita das Gründerteam von chemnitz power labs. Sie sind Spezialisten für Leistungselektronik und Chip-Entwicklung. Basler, Inhaber der Professur Leistungselektronik an der TU Chemnitz, hat jahrelang die Chip-Entwicklung bei Infineon begleitet. Herold hält vier Patente im Feld der Leistungselektronik. Seit seiner Diplomarbeit an der TU Chemnitz beschäftigt er sich mit Testverfahren für leistungselektronische Komponenten. Er leitete drei Jahre eine entsprechende Arbeitsgruppe an der TU Chemnitz und brachte anschließend seine Expertise fünf Jahre bei einer Siemens-Tochter ein. Der dritte im Bunde, Javier Arigita, ist Projektmanager mit über 15 Jahren Erfahrung vor allem im Automobilbau, ein Planer mit technischem Hintergrund und Verständnis für Hardwaredesign und Programmierung.
So aufgestellt, wurde chemnitz power labs Ende 2021 gegründet: „In der Corona-Zeit habe ich zuhause einen Teststand für Leistungselektronik aufgebaut – und schnell einen ersten Kunden aus dem Bereich der erneuerbaren Energien betreut. Deshalb haben wir analysiert, ob es dafür größeren Bedarf gibt – und dann das Unternehmen gegründet“, berichtet Herold. Denn genau darin liegt das Angebot des jungen Unternehmens: leistungselektronische Komponenten zu testen.
Langlebigkeitstests kurz machen
„Die Produzenten müssen regelmäßig die Lebensdauer ihrer Komponenten prüfen. Für standardisierte Tests haben sie häufig eigene Labore, doch in Spezialfällen werden wir gern zurate gezogen.“ Schließlich gibt es auch in der Leistungselektronik Fortschritt: Die Bauteile werden auch hier immer kleiner, neue Materialien kommen in den Chips zum Einsatz: „Vom Germanium übers Silizium hin zu Siliziumkarbid oder Galiumnitrit – es gibt zunehmend mehr Variantenreichtum.“ Und nicht nur die Chips selbst, auch die Verbindungen dazwischen werden mit neuen Verfahren hergestellt, die Gehäuse ändern sich, der Aufbau der Module wird ausgefeilter. Dazu muss die Leistungselektronik oft größte Temperaturunterschiede aushalten: „Mit der Verlustleistung so manches Chips könnte man einen Wasserkocher hochheizen“, verdeutlicht Herold.
Und langlebig sein soll die Leistungselektronik bei all dem auch noch: Windräder sind im Idealfall für 30 Jahre gebaut, ein Elektroauto für etwa 15 Jahre oder 8.000 Stunden Fahrbetrieb – so lang sollte auch die Elektronik halten. „Die meisten Komponenten sind auf mehrere Tausend Stunden Betriebszeit ausgelegt – und ein Ausfall ist nicht akzeptabel“, weiß der Gründer. Da sich ein so langer Zeitraum schwerlich 1:1 testen lässt, sind spezielle Testverfahren nötig, die chemnitz power labs entwickelt und dann auch durchführt. „Der längste Test, an dem ich teilgenommen habe, hat zwei Jahre gedauert. Doch im Regelfall reden wir von wenigen Tagen bis zu zwei Monaten“, erläutert Herold. So werden etwa in Lastwechseltests riesige Strommengen durch die Chips gejagt, in Klimakammern unterschiedliche Außenbedingungen simuliert oder in Hochtemperatur- und Kälteschockkammern Extremsituationen nachgestellt.
„Wir haben den Vorteil, dass wir an der Universität schon immer sehr anwendungsnah gearbeitet haben. Das hat sich herumgesprochen“, berichtet Herold. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette finden sich Kunden – von den Chipherstellern über Packaging-Unternehmen bis zu Kunden im Automobilbereich. chemnitz power labs, soft gestartet, hat inzwischen im „Start up“-Gebäude des Technologie Centrum Chemnitz eigene Teststände aufgebaut und beschäftigt auch die ersten Mitarbeitenden zusätzlich zum Gründerteam. Fünf weitere Beschäftigte sollen in den kommenden Monaten dazukommen: „Die Kunden wissen unsere Expertise zu schätzen und finden gut, dass wir unser Testequipment selbst bauen und so extrem anpassungsfähig an ihre Wünsche sind“, zieht Herold ein erstes Fazit: „Bis jetzt fühlt sich die Selbstständigkeit gut an.“