Ein Schritt nach dem anderen
Wie reif ist eine Technologie, um wirtschaftlich durchzustarten? Am Technology Readiness Level (TRL), orientierten sich am 24. Juni die Hinweise zu Forschungstransferprogrammen bei der SAXEED-Info-Veranstaltung „Forschung nutzbar machen“. Im Anschluss wurde beim Sommerfest im Hof des „Start up“-Gebäudes ausdauernd genetztwerkt.
Wer innovative Technologien entwickelt, möchte auch, dass diese irgendwann zum Einsatz kommen. Doch bis eine Innovation fit für den Markt – und damit die wirtschaftliche Verwertung – ist, müssen unterschiedlichste Reifegrade durchlaufen werden. In den aufeinanderfolgenden Entwicklungsphasen können Forscher verschiedene Förderprogramme in Anspruch nehmen, um der Marktreife ein Stück näher zu kommen. Darüber informierte das südwestsächsische Gründernetzwerk SAXEED am 24. Juni bei seiner Informationsveranstaltung „Forschung nutzbar machen“. Die fand zum wiederholten Male bei der EDC – Electronic Design Chemnitz GmbH statt, einer Ausgründung aus der TU Chemnitz, die längst erfolgreich am Markt agiert.
In einer frühen Stufe der Technologiereife setzt das Programm „VIP+“ an. Die Abkürzung steht für „Validierung des technologischen und gesellschaftlichen Innovationspotenzials wissenschaftlicher Forschung“, wie Isabel Schulze informierte, die bei SAXEED „VIP+“-Antragsteller unterstützt. Mit bis zu 500.000 Euro jährlich kann man hier den „proof of principle“ einer Innovation durchführen – zur Laufzeit der Förderung dürfen weder eine wirtschaftliche Tätigkeit vorliegen noch irgendwelche wirtschaftlichen Verwertungsrechte vergeben sein.
Ein paar Stufen weiter, bei Technology Readiness Level 4-6, kann man sich um einen EXIST-Forschungstransfer bemühen. Hier soll zunächst die Innovation zum industrienahen Prototypen entwickelt werden, später kann auch eine Unternehmensgründung erfolgen. „Ziel des Programms ist eine frühzeitige Marktorientierung“, erläuterte André Uhlmann, SAXEED-Standortleiter an der TU Bergakademie Freiberg. Diplom-Ingenieur Markus Dittrich, Vertreter des Teams EcoWasp/Novajet berichtete von den Erfahrungen mit diesem Programm. In seinem Forschungsprojekt werden Maschinen zur Bearbeitung von Hochleistungswerkstoffen – etwa Keramiken oder GFK-Werkstoffe – mittels Suspensionstrahltechnik bearbeitet. Die Innovation besteht in einer alternativen Erzeugung des Wasserstrahls, der damit deutlich feiner wird als herkömmliche Wasserstrahltechnik – und einen deutlich höheren Gesamtwirkungsgrad erziele. Derzeit habe man – auch mit EXIST-Geldern – einen Maschinendemonstrator entwickelt, im August 2019 soll die Unternehmensgründung erfolgen. Er gab den Forschern im Publikum den Tipp mit auf den Weg: „Plant die Zeit nicht zu knapp.“
Mit einem innovativen Produkt nah an der Marktreife konnte auch das Team SelfSeal aufwarten – und damit eine Förderung mit dem EXIST-Gründerstipendium einwerben. Dieses gelte als „kleine Schwester des Forschungstransfers“, so André Uhlmann – es setzt bei noch höherem TRL ein und soll die unmittelbare Vorgründungsphase absichern, in der ein Businessplan erarbeitet und die Marktfähigkeit der Produkte abgeprüft wird. SelfSeal befindet sich in dieser Phase: Für Hochtemperaturanlagen hat das Team ein neues Abdichtungsmaterial für Dehnungsfugen entwickelt, wie Mark Lüpfert erläuterte. Dies habe den Vorteil, dass die Wartungszyklen an den Öfen deutlich vergrößert werden können. „Wir haben einen sehr treuen Pilotkunden – und den braucht es in diesem Feld auch – wir können unser Produkt nicht nur im Labor testen“, so Lüpfert. Während das Produkt derzeit nur in Öfen für die Glasherstellung zum Einsatz komme, soll das Prinzip künftig auch bei Keramik- oder Metallurgie-Anlagen angewandt werden: Ein einzelnes Geschäftsfeld – das hatte die Arbeit am Businessplan ergeben – wäre auf Dauer nicht ausreichend einträglich.
Den Schritt aus den Förderprogrammen heraus in eine Seed-Finanzierung heraus hat die 3d visionlabs GmbH inzwischen bewältigt, die intelligente optische Sensoren zur Raumüberwachung und Verhaltensanalyse entwickelt. Im Frühjahr dieses Jahres konnte das Unternehmen eine Partnerschaft mit dem Technologiegründerfonds Sachsen (TGFS) vermelden, die den Markteintritt über Pilotkunden hinaus ermöglichen soll. Thomas Dörffel, Investmentmanager des TGFS, und Geschäftsführer Michel Findeisen von 3d visionlabs erklärten, was ihre Partnerschaft ermöglicht hatte – wichtig für die Finanzierung sei die Leidenschaft des Teams und die breite Palette an Einsatzmöglichkeiten des entwickelten Systems gewesen, fasste Dörffel zusammen. „Und die Chemie stimmte – auch das ist bei der Auswahl eines Seed-Investors wichtig, weil man über mehrere Jahre zusammenarbeiten will“, ergänzte Findeisen.
Nach der Informationsvorstellung fanden die Teilnehmer und zahlreiche weitere Vertreter aus Start-ups, Banken, dem Chemnitzer Gründerberaternetz beim Sommerfest im Innenhof des „Start up“-Gebäudes zusammen. Auf gemeinsame Einladung der Technologie Centrum Chemnitz GmbH und von SAXEED konnten hier die gewonnenen Erkenntnisse bei kühlen Getränken und Annehmlichkeiten vom Grill vertieft, alte Verbindungen erneuert und neue Kontakte geknüpft werden.